Aus dem TIG vom 11.9.2019 (HH-Beratung)

Mit einer achtstündigen Haushaltsklausur am Sonntag nach dem Glienicker Herbstfest hatte sich die Fraktion SPD/Piraten auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen vorbereitet. Den Auftakt der Diskussion des Haushaltsentwurfs der Gemeinde für das Jahr 2020 machte am 11. September der Infrastrukturausschuss.

Ein Defizit von 1,7 Millionen Euro im Ergebnishaushalt (also den laufenden Ausgaben) weist der von der Verwaltung vorgelegte Haushaltsentwurf für das Jahr 2020 aus. Die Gemeindevertreterinnen sind daher angehalten, Einsparvorschläge zu machen oder bei den freiwilligen Leistungen zu kürzen. Dafür ging der Ausschuss die einzelnen Produkte des HH-Planes durch, die in seine Zuständigkeit fallen.

Lärmschutzwand gegen Kinderlärm?

Vorab besprachen die Ausschussmitglieder die aus der GVT verwiesene Einwohneranfrage. Ein Anwohner der Breitscheidstraße hatte die Lärmbelastung durch den neu eröffneten Waldspielplatz moniert und wünscht sich eine (grüne) Lärmschutzwand. Herr G. (DIE LINKE) fragte, ob dies bei der Planung nicht mitberücksichtigt worden sei. Herr H. (GBL) wiederum wies darauf hin, dass Kinderlärm, wie in vielen Gerichtsurteilen bestätigt, sozialadäquat und grundsätzlich hinzunehmen sei. Dennoch will die Verwaltung demnächst Lärmmessungen vornehmen.

Haushaltsreste und Prioritätenliste

Viel versprochen hatten sich die Mitglieder des Ausschusses aus einer Übersicht über die Haushaltsreste aus 2018, deren Bearbeitung in diesem Jahr noch nicht begonnen wurde und deren Streichung zu einer Entlastung des Haushalts bzw. der Verwaltungsressourcen führen sollte. Die meisten der dort aufgeführten Projekte im Zuständigkeitsbereich des TIG gelten jedoch als abgeschlossen oder in Umsetzung. Lediglich drei Baumaßnahmen – Gehweg Charlottenstraße (G21), Aussichtsturm Eichwerder (B09) und Rampe Bürgerpark (Z09) – wurden noch nicht begonnen. Eine Streichung oder Verschiebung würde das ausgewiesene Defizit im Ergebnishaushalt für 2020 allerdings gar nicht beeinflussen, da die Kosten (zunächst) im Finanzhaushalt (Investitionen) anfallen und allenfalls indirekt durch die nach der Fertigstellung anfallenden Abschreibungen den Ergebnishaushalt langfristig belasten.

Dennoch verwandten die Gemeindevertreterinnen einen Teil der Haushaltsberatung darauf, die von der Verwaltung als Tischvorlage vorgelegte, aktualisierte Prioritätenliste zu besprechen. In dieser Prioritätenliste sind verschiedene Baumaßnahmen (Gehwege, Fahrbahnen, Straßenbeleuchtung, Schmutzwasserinfrastruktur, Maßnahmen aus der Zentrumsentwicklung und dem Blackout-Konzept etc.) nach dem Jahr der geplanten Umsetzung inklusive Projektstufe (Planung, Bau) und aktueller Kostenkalkulation aufgeführt. Zusammengefasst:

Anzahl der Baumaßnahmen, die laut Prioritätenliste in den nächsten Jahren anstehen.

Bei mehrjährigen Projekten ist es dann natürlich so, dass wenn die Entscheidung getroffen wird, die (Vor-)Planung zu verschieben, sich automatisch auch der Bau entsprechend nach hinten verschiebt. Bei der anhaltend guten Konjunktur im Baugewerbe ist in diesem Fall davon auszugehen, dass die in der Liste veranschlagten Kosten am Ende um einiges höher ausfallen. (Theoretisch würde es daher sogar Sinn machen, mit den nicht zwingend notwendigen Baumaßnahmen bis zur nächsten Rezession zu warten, um bessere Preise zu erzielen und die Wirtschaft zu stärken…)

Letztlich wurden im Schnelldurchlauf einige für 2020 geplante Projekte benannt, die verschoben werden sollen. Zum Beispiel, weil sie nicht umgesetzt werden können, solange das Projekt „Haus 6“ (Z01) der Grundschule noch nicht umgesetzt ist – welches sich derzeit in der Phase einer Machbarkeitsstudie befindet und dessen Realisierung noch völlig offen ist. Hierzu gehören verschiedene Ideen aus dem städtebaulichen Ideenwettbewerb wie die Planungen zur Gestaltung des Bürgerparks (Z03), des Michael-Bittner-Platzes (Z04) oder die Vorplanung für eine Tiefgarage im Ortszentrum (Z06).

Ob und wie die Leipziger Straße ausgebaut werden soll, entscheidet sich im nächsten Ausschuss. Ob die barrierefreie Rampe im Bürgerpark nächstes Jahr gebaut wird, hängt vom neuen Entwurf ab, der noch in diesem Jahr vorgelegt werden soll. Zur Disposition wurde auch die Erneuerung des Spielplatzes am Fichteplatz gestellt, die für 2020 geplant war. Die Prioritätenliste soll mit den vorgeschlagenen Änderungen nun überarbeitet werden.

Fazit: Selbst wenn wir sechs, sieben Maßnahmen von 2020 auf 2021 schieben, erscheint mir die Liste immer noch sehr ambitioniert. Zumal wenn solch „große Brocken“ wie Haus 6 weiter verfolgt werden sollten. Interessant wäre in diesem Zusammenhang eine Auswertung, wieviele Projekte in den Vorjahren in welcher Größenordnung realisiert werden konnten. Dies gäbe einen Rückschluss darauf, wieviele Projekte die Verwaltung von den Ressourcen her pro Jahr überhaupt bewältigen kann.

Ansonsten war die Behandlung der Prioritätenliste für die mittelfristige Finanzplanung ganz interessant, zu einer Reduzierung des Millionendefizits im Ergebnishaushalt 2020 hat sie allerdings nicht geführt.

Auf der Suche nach möglichen Einsparungen ging der Fachausschuss also durch die einzelnen Produkte, die in seine Zuständigkeit fallen:

Produkt 11106 – Bauhof

Hinterfragt wurde hier insbesondere der Pflegestandard des Friedhofs. Warum? Weil umgerechnet mehr als eine volle Stelle aus dem Bauhof für die Unterhaltung des Friedhofs herangezogen wird (Gesamtarbeitsstunden aller neun Bauhofmitarbeiter: 17.000, davon für Friedhofsunterhaltung: 2.300 Stunden). Hinzu kommt ein weiterer Mitarbeiter aus einer Arbeitsmaßnahme, der auf dem Friedhof eingesetzt ist. Als Begründung wurden die pflegeintensiven Rasengräber (mähen, pflegen, beräumen, Laub harken), das Ausheben von Gräbern und die „würdevolle Instandhaltung“ genannt. Kosten, die dann wiederum auf die Gebühren niederschlagen. Da der Friedhof in die Zuständigkeit des Sozialausschusses fällt, wurde die Diskussion an der Stelle nicht weiterverfolgt.

Überlegungen, einen für 2020 für den Bauhof geplanten gebrauchten Radlader (30.000 Euro) sowie das für 2021 geplante Multifahrzeug (120.000 Euro) zu verschieben, wurden nach Diskussion verworfen. Auch diese Anschaffungen werden anschließend den Ergebnishaushalt weiter belasten.

Produkt 12201 – Allgemeine Sicherheit, Ordnung und Gewerbeangelegenheit

Der Stellenplan sieht für das Jahr 2020 eine weitere Vollzeitstelle im Ordnungsamt vor. Allerdings nicht etwa die zuletzt in der GVT entfristete Vollzeitstelle. Die verbirgt sich hinter dem Stellenzuwachs von 2018 auf 2019 um 0,3 auf 4,3 Stellen. Aber dann ist das ja gar keine Vollzeitstelle?! Doch, wenn zum Beispiel im selben Zeitraum ein Anteil von 0,7 Stellen in einen anderen Bereich verlagert wird, dann stimmt die Rechnung wieder…

Entwicklung der Personalstellen im Bereich Ordnung und Gewerbeangelegenheit laut Haushaltsentwurf

Die zusätzliche Vollzeitstelle für 2020 geht auf das Konzept „gemeinsamer Außendienst der S-Bahn-Gemeinden“ zurück. Das Konzept befindet sich derzeit in Prüfung und soll den Gemeindevertreterinnen im Frühjahr offiziell vorgestellt werden. Ziel ist ein gemeinsamer Außendienst der vier Ordnungsämter, der von April bis September jeweils von Freitag- bis Sonntagabend in den S-Bahn-Gemeinden unterwegs ist. Bis das Konzept vorgestellt ist, wurde diese Position mit einem Sperrvermerk versehen.

In diesem Produkt gab es dann auch die erste „echte Einsparung“ im Ergebnishaushalt. Für die Absicherung des EMB-Laufes waren für das kommende Jahr 8.000 Euro ausgewiesen. Auf Nachfrage erläuterte die Verwaltung, dass nur ca. 3.000 Euro erforderlich seien. Der Ansatz wurde entsprechend korrigiert.

Exkurs: „Erläuterungen zum Ergebnishaushalt“

Tatsächlich ist es mühselig, solche Einsparpotenziale im Ergebnishaushalt ausfindig zu machen, zumal es zu den wenigsten Ansätzen im Haushaltsentwurf ausführliche Kostenaufschlüsselungen gibt. Einige „Erläuterungen zum Ergebnishaushalt“ waren lediglich in einem separaten Dokument zu finden, aber nur, wenn man aufmerksam seinen Mail-Eingang verfolgt hatte. Diese ausführlichen Erläuterungen waren in den letzten Jahren wohl auch nicht gewollt, um sich nicht in Details zu verlieren, sondern den Blick auf das große Ganze zu richten. Durchaus nachvollziehbar. Aber wie soll man als Gemeindevertreterin ein Millionendefizit reduzieren, wenn man gar nicht weiß, wofür das Geld eigentlich ausgegeben werden soll?

Und warum sollen Gemeindevertreterinnen freiwillig freiwillige Leistungen kürzen oder Gebühren erhöhen, wenn das Geld eigentlich vorhanden wäre, wenn man die Ausgaben realistisch plante? Also bleibt nur die Option, die der Sozialausschuss erfolgreich vorgemacht hat: Sämtliche Aufwendungen, die vertraglich nicht zwingend vereinbart sind, werden pauschal um den Prozentsatz gekürzt, der erforderlich ist, damit der Haushalt ausgeglichen ist. Benötigt die Verwaltung an einer Stelle doch mehr Geld, muss sie zunächst auf den internen Deckungskreis o.Ä. zurückgreifen. Benötigt sie sehr viel mehr Geld, muss eben ein Nachtragshaushalt beantragt werden. Letztendlich wird es auf dieses Verfahren der Pauschalkürzung auch im Infrastrukturausschuss hinauslaufen.

Produkt 12601 / 12602 – Feuerlöschwesen/Brandschutz (und Gebäude)

Der Gefahrenabwehrplan der Feuerwehr sieht für 2019 die Anschaffung eines Logistikfahrzeuges vor. Hierfür wurden im letzten Haushalt 379.000 Euro eingestellt. Aktuell sind das Ob und Wie der Anschaffung allerdings offen. Für das nächste Jahr wiederum ist die Anschaffung eines Hilfeleistungsfahrzeuges (600.000 Euro) geplant, für das ein Löschtankfahrzeug ausgemustert werden soll. Ein für 2019 geplantes Kunstobjekt (39.000 Euro) hat sich im Sande verlaufen.

Auch diese Positionen betreffen wiederum den Bereich Investitionen, der nur indirekt in den Folgejahren über die Abschreibungen Auswirkungen auf den Ergebnishaushalt hat.

Ansonsten wurden für dieses Jahr 30.000 Euro für Projekte der Teamentwicklung für Kinder-, Jugend- und Erwachsenenfeuerwehr bereitgestellt. Hier baten die Ausschussmitglieder um eine Aufschlüsselung der Verwendung zum Jahresende.

Produkt 54101 – Gemeindestraßen / Gehwege

Siehe Prioritätenliste

Produkt 54102 – Straßenbeleuchtung

Bei den ausgewiesenen Fall- und Kennzahlen kam die Frage auf, warum die Umrüstung der Straßenlaternen auf LED nicht mehr Einsparungen beim Stromverbrauch mit sich brächte. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass durch die Umstellung bis zu 60 Prozent von Verbrauch und Kosten eingespart werden könnten. Die Verwaltung versprach eine Prüfung.

Produkt 54103 – Regenentwässerung

Mit der Erweiterung der Ableitung (2019) in der Nohlstraße (N24), der Planung (2019) und dem Ausbau (2023) des Versickerungsbeckens in der Hamburger Straße / Schönfließer Straße (N10) sowie der Planung (2019) und der Sanierung (auf 2021 verschoben) des Teiches in der Niederstraße (N35) wären laut Bürgermeister die wesentlichen Schwachpunkte der Regenentwässerung in Glienicke behoben. Mittelfristig sind zudem die Planung (2021) und der Neubau (2023) der Anlage am Karlplatz vorgesehen.

Die sechs Produkte, die der Ausschuss in seiner Haushaltsberatung zeitlich nicht mehr geschafft hat, sollen in der Sondersitzung am 25.9. behandelt werden. Dafür wird der Lärmaktionsplan noch einmal verschoben.

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