Nachbetrachtung der Ergebnisse zur Landtagswahl 2019 in Brandenburg

Das Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD zur Landtagswahl am 1.9.2019 ging für die SPD glimpflich aus. Mit 26,2 Prozent erhielt sie die meisten Stimmen, gefolgt von AfD (23,5 %), CDU (15,6 %), LINKE (10,7 %) und GRÜNE/B90 (10,8 %). Auch die Freien Wähler schafften mit 5 Prozent knapp den Einzug in den brandenburgischen Landtag (Zahlen: vorläufiges Endergebnis).

Besonders gefreut habe ich mich, dass drei der vier Wahlkreise in Oberhavel, auch aufgrund des hohen persönlichen Engagements im Wahlkampf, von unseren SPD-Kandidatinnen direkt gewonnen werden konnten! Und auch bei den Zweitstimmen in Glienicke setzte sich die SPD, die dritte Wahl in Folge, als stärkste politische Kraft durch.

Ernüchternd finde ich wiederum die Wahlbeteiligung von lediglich 61 Prozent. Auch wenn dies im Vergleich zur letzten Wahl eine Steigerung von über 13 Prozentpunkten bedeutet, heißt es dennoch, dass fast 40 Prozent (!) der Brandenburgerinnen meinen, nichts mit Politik (und Demokratie) zu tun zu haben bzw. zu tun haben zu wollen.

Spaltung(en) innerhalb des Landes verhindern

Auffällig ist auch, dass im Westen Brandenburgs vorwiegend die SPD, im Osten des Landes vorwiegend die AfD punkten konnte. Hieraus ergibt sich m.E. einer der wesentlichen Aufträge der Landesregierung bzw. der SPD in den nächsten Jahren (siehe Grafik, CC BY-SA 4.0, ergänzt um Wahlbeteiligung, Originalgrafik).

Wahrscheinlich ist nun eine Regierungskoalition aus Rot-Schwarz-Grün (50/88) oder Rot-Schwarz-Rot (50/88) unter Dietmar Woidke. Durch die Fünf-Prozent-Klausel ist auch eine Konstellation Rot-Rot-Grün möglich, die mit 45 von 88 Sitzen auf eine schwache Mehrheit im Landtag käme.

Unabhängig von persönlichen Präferenzen hoffe ich auf eine zügige, möglichst geräuschlose Regierungsbildung, in der die Posten nach fachlicher Kompetenz ohne Personalquerelen besetzt werden. Und ich erwarte im Anschluss eine inhaltliche Arbeit und Kommunikation, die dem Großteil der AfD- und Nicht-Wählerinnen den Glauben an „die etablierten Parteien“, aber auch an die SPD als „Stimme des Ostens“ in Brandenburg zurückgibt.

„EIN Brandenburg“

Zu den Schwerpunkten muss dabei gehören:

  • mehr Präsenz der Landesregierung und ihrer Vertreterinnen in der Peripherie des Landes
  • Bekämpfung der (Grenz-)Kriminalität
  • Bekämpfung von Rechtsextremismus und Clan-Kriminalität (in Kooperation mit Bund und Berlin)
  • Investitionen im (Süd-)Osten des Landes Brandenburg
  • Aufarbeitung der Nachwendezeit in Ostdeutschland
  • Schaffung eines „Wir“-Gefühls und Stärkung der Identität als Brandenburgerinnen und Brandenburger trotz unterschiedlicher Herkunft und Biografien
  • Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für eine strukturelle Integration von Menschen mit Migrationshintergrund (z.B. verpflichtende Deutsch-Sprachkurse für alle Familienangehörigen, die länger als ein halbes Jahr in Deutschland leben (wollen)
  • ein Bildungsystem, das ein humanistisches Weltbild, demokratische Werte und Medienkompetenz noch stärker/besser vermittelt

Das alles vor dem Hintergrund steigender Ausgaben durch steigende Ansprüche der Bevölkerung („kostenlose“ Kita-Betreuung, „kostenloser“ Straßenausbau…) bedeutet eine immense Herausforderung, die schon in Zeiten guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen eine Mammutaufgabe ist. Da wir in Brandenburg sowieso nicht mit großer Industrie punkten können (was uns bei der nächsten Wirtschaftskrise zum Vorteil gereichen könnte), müssen wir auf das Kapital kluger Köpfe, Bildung, innovativer Ideen und Hilfe zur Selbsthilfe setzen.

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